Wissenschaft an die Oberfläche holen – Prof. Dr. Matthias Karl
13. Oktober 2017

Eine kürzlich veröffentlichte Metaanalyse zur Bewertung der TiUnite Oberfläche1 von Nobel Biocare ist vermutlich die umfassendste derartige Bewertung einer einzelnen Implantatmarke, die jemals durchgeführt wurde. Hier beantwortet der Hauptautor, Prof. Dr. Matthias Karl, Universität des Saarlandes, Fragen zur Bedeutung der Studie für die Forschung, Behandler und Patienten.
Professor Karl, was hat Sie bewogen, eine Metaanalyse zum klinischen Verhalten von Implantaten mit der TiUnite Oberfläche durchzuführen?
Prof. Karl: „Die TiUnite Oberfläche kam vor über 15 Jahren auf den Markt und hat seitdem ganz klar die Maßstäbe in der Implantologie gesetzt. Sie ist eine der wichtigsten Implantatoberflächen auf dem Markt. Wir fanden, dass es an der Zeit war, TiUnite Implantate in einer umfassenden Metaanalyse prospektiver klinischer Studien zu bewerten, nicht anhand von präklinischen oder retrospektiven Daten, nicht mit Fallberichten, sondern mit Hauptaugenmerk auf die höchstmögliche Aussagekraft.”
Wie haben Sie entschieden, welche Studien in die Analyse einfließen?
Prof. Karl: „Es gab strenge Einschlusskriterien. Wir haben nur prospektive klinische Studien mit mindestens 20 Patienten, die seit Studienbeginn TiUnite Implantate erhielten, betrachtet. Außerdem war mindestens ein Jahr Nachbeobachtung nach der Belastung erforderlich. Was die Studien angeht, mussten wir die Gesamtüberlebensrate entweder dem Text der Studie entnehmen oder aus den darin angegebenen Daten errechnen können.”
Trotz der strengen Einschlusskriterien gilt die Studie als die umfassendste Analyse dieser Art zu einer einzigen Implantatmarke. Wie groß war die Menge der untersuchten Daten?
Prof. Karl: „Die Studie ist auf jeden Fall die größte dieser Art, die mir bekannt ist. Wir haben 106 gut dokumentierte prospektive klinische Studien untersucht. So viele Primärstudien in einer einzigen Übersichtsarbeit sind wirklich etwas Einzigartiges. Insgesamt umfasste die Bewertung über 12 000 TiUnite Implantate. Das stellt eine gewaltige Datenbasis dar und muss als ein echtes Plus für Nobel Biocare, die Behandler, die mit Implantaten von Nobel Biocare arbeiten, und ihre Patienten gesehen werden. Ich denke, dass das wirklich das höchste Maß an Evidenz ist, die wir derzeit für den klinischen Erfolg einer einzigen Implantatoberfläche haben.”
Was wollten Sie in all diesen Daten finden?
Prof. Karl: „Wir hatten keine festgelegten Erwartungen – das ist für mich eine weitere Stärke dieser Studie. Unser Ansatz war wirklich: ‚Mal sehen, was wir finden.‘ Unser Ziel war nicht, uns die passenden Daten herauszupicken, sondern die Literatur unvoreingenommen durchzusehen.
Ein anderes einzigartiges Merkmal der Studie war, dass wir die Implantatinsertion als Baseline verwendeten. Die Knochenremodellierung findet vor allem zwischen der Implantatinsertion und dem Einsetzen des Abutments statt. In vielen Studien wird die Zeit erst nach der prothetischen Versorgung gemessen. Aber bis dahin hat schon eine gewisse Knochenremodellierung stattgefunden, deshalb ist es ehrlicher, bis zur Implantation als Baseline zurückzugehen und das Knochenniveau von da ab zu beurteilen.
Wir konnten uns gezielt die Veränderungen des marginalen Knochenniveaus von Anfang an, also seit dem Eingriff, in sehr vielen Studien ansehen und haben außerdem biologische Komplikationen berücksichtigt, wo sie berichtet wurden. Natürlich haben wir uns auch Periimplantitis und periimplantäre pathologische Befunde angeschaut.”

Die Definition von Periimplantitis ist derzeit ein viel diskutiertes Thema in der Implantologie. Wie haben Sie sie für diese Studie definiert?
Prof. Karl: „Die Definition von Periimplantitis ist zurzeit tatsächlich umstritten. Wir haben in der Studie Periimplantitis weder über- noch unterschätzt. Wenn die Autoren der Primärstudie von Periimplantitis schrieben oder es periimplantäre Entzündungen oder pathologische Vorgänge gab, haben wir das in allen Fällen als Periimplantitis gezählt. Uns ist bewusst, dass diese Autoren unterschiedliche Maßstäbe angelegt hatten, aber wenn sie den Begriff ‚Periimplantitis‘ oder einen ähnlichen verwendeten, haben wir das nicht infrage gestellt.”
Was waren die wichtigsten Ergebnisse Ihrer Analyse?
Prof. Karl: „Für mich war das wichtigste Ergebnis, dass TiUnite selbst unter sehr widrigen Umständen eine hochgradig zuverlässige Implantatoberfläche ist. Nobel Biocare bietet eine ganze Palette von Implantatdesigns mit der TiUnite Oberfläche an und wir konnten keinen Unterschied im Verhalten von Implantaten zwischen verschiedenen Implantatgeometrien feststellen. Letztendlich kann man definitiv sagen, dass es eine hervorragende Oberfläche ist. Sie hält das Implantat an seinem Platz und hat eine erwiesenermaßen lange Haltbarkeit. Die Prävalenz von Periimplantitis ist extrem niedrig. Es gab keine schweren biologischen Komplikationen und die Veränderungen im marginalen Knochenniveau liegen deutlich innerhalb der Grenzwerte für ein erfolgreiches Implantat.”
Wie können die Erkenntnisse aus Ihrer Analyse jetzt bei der Verbesserung der klinischen Praxis helfen?
Prof. Karl: „Behandler können die in der Studie genannten Zahlen zum Vergleich heranziehen. Das ist der wirkliche Nutzen einer so umfangreichen Übersichtsarbeit. In unserer eigenen Praxis können wir nur eine begrenzte Zahl von Patienten sehen. Hier haben wir eine Auswertung von über 12 000 Implantaten über einen Zeitraum von 15 Jahren. Mein Ratschlag wäre, sich diese Zahlen anzusehen und mit dem zu vergleichen, was man in der eigenen Praxis sieht. Dann kann man sich fragen ‚Wo stehe ich im Vergleich zu den Daten und woran kann das liegen?‘ Wenn man nicht den gleichen Erfolg erzielt, was ist der Grund? Die Ergebnisse sind ein hilfreicher Vergleichsmaßstab für die moderne Praxis.”
Weitere Informationen zur TiUnite Oberfläche und den relevanten klinischen Nachweisen finden Sie unter nobelbiocare.com/TiUnite.
Referenzen
- Karl, M. and Albrektsson, T. Clinical performance of dental implants with a moderately rough (TiUnite) surface: A meta-analysis of prospective clinical studies, Int J Oral Maxillofac Implants (accepted).