Implantologische Sofortversorgung mit Echtzahnprovisorium
29. März 2019
Fallbericht zur Sofortimplantation nach Frontzahntrauma
Quelle: pip 01-2019
Autor: Dr. Yasin Aktas,MSc
Der Erfolg einer implantologischen Therapie hängt zu einem hohen Maße von der Patientenzufriedenheit ab. Hierfür spielen ein möglichst hoher Behandlungskomfort sowie eine zeitnahe adäquate Versorgung eine entscheidende Rolle. Die Sofortimplantation mit Sofortversorgung ist bei entsprechender Voraussetzung das Vorgehen der Wahl. Dargestellt wird ein Patientenfall, bei dem der Zahn 21 implantologisch ersetzt und mit dem Echtzahn die provisorische Sofortversorgung realisiert worden ist.
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Werden die Indikationen einer Sofortimplantation eingehalten, verspricht das Verfahren hohe Erfolgsquoten. Die Datenlage bestätigt, dass ein mit der konventionellen Spätimplantation vergleichbares Ergebnis erzielt werden kann [6,12]. Ein Blick auf Metaanalysen und systematische Reviews attestiert den hervorragenden Hart- und Weichgewebeerhalt [8,9]. Und auch aus der Patientenperspektive betrachtet stellt sich die Sofortimplantation sehr attraktiv dar. Unter anderem im Frontzahngebiet wird das sofortige Setzen eines Implantates mit gleichzeitiger prothetischer Versorgung oft zur Option der Wahl. Zusätzlich zu klinischen Voraussetzungen ist für die Sofortimplantation ein entsprechendes Implantatsystem zu wählen. Besonders dafür geeignet ist beispielsweise NobelActive (Nobel Biocare) [3,4,13]. Dies zeigen z. B. die Daten einer Metaanalyse mit mehr als 73 Studien [7]. Demnach unterscheiden sich die Erfolgsquoten von Sofortimplantationen und Spätimplantationen nicht signifikant. Karl et. al. stellten dar, dass das NobelActive-System durch das Erzielen einer hohen Primärstabilität für dieses Vorgehen prädestiniert ist. Im nachfolgend gezeigten Fall wurde jedoch das parallelwandige Implantat (NobelParallel CC, Nobel Biocare) gewählt [1,11], um eine möglichst große Knochenkontaktfläche und Stabilität zu erhalten. Das Design der Implantatspitze ermöglicht eine bikortikale Verankerung, die auch bei geringerer Knochendichte eine hohe Primärstabilität gewährt [10]. Zudem ist bei der Sofortbelastung die Oberflächenmorphologie des Implantates entscheidend, die das Knochenwachstum anregen und beschleunigen soll [2].

Ausgangssituation
Bei dem 38-jährigen Patienten frakturierte Zahn 21 durch einen Unfall während eines Fußballspiels. Der Zahn wurde bei der Erstbehandlung in der Unfallklinik reponiert und die Zahnreihe anschließend zur primären Sofortversorgung geschient (Abb. 1). Einige Tage später konsultierte der Patient die Zahnarztpraxis. Bei einer Diagnose am DVT zeigte sich die Querfraktur des Zahnes (Abb. 2). Der umgebende Knochen schien unversehrt.
✓ Entzündungsfreie Extraktionsalveole
✓ Unversehrte faziale Knochenlamelle
✓ Zirkulärer Knochen von etwa 2 mm; intakte knöcherne Alveole
✓ Stabile Weichgewebesituation (dicker Biotyp)
✓ Erfahrung seitens des Implantologen
✓ Ausreichend Primärstabilität (35 Ncm) und Knochenkontakt (4-5 mm)
✓ Geeignetes Implantatsystem(Grafik 1)
Therapieentscheidung
Versuch des Zahnerhalts oder Extraktion? Nach einem Frontzahntrauma gilt es, schnell und wohlüberlegt zu entscheiden. Bei einer Querfraktur im Wurzelbereich könnte es unter Umständen gelingen, einen Zahn mit restaurativen endodontischen Maßnahmen zu erhalten. In diesem Fall jedoch musste aufgrund des Verlaufs der Querfraktur und der geringen Wurzellänge die Vorhersagbarkeit eines Zahnerhalts als gering beurteilt werden. Im Sinne des bestmöglichen Ergebnisses fiel die Entscheidung für die Extraktion des Zahnes. Um der umfangreichen Knochenresorption vorzubeugen und dem Rückgang des Weichgewebes entgegenzuwirken, wurde eine Sofortimplantation geplant [5]. Die Sofortimplantation entspricht dem Ansinnen einer präventiv ausgerichteten Zahnmedizin. Da das Implantat direkt in die Extraktionsalveole inseriert wird, ist der Knochenabtrag beim Aufbereiten des Implantatbettes deutlich reduziert. Allerdings sind die Voraussetzungen für eine Sofortimplantation eng gesteckt (Grafik 1) und die Herausforderungen für den Zahnarzt hoch (Grafik 2). Eine ausreichend dicke Gingiva begünstigt das Ergebnis einer Sofortimplantation.
✓ Dreidimensional korrekte Platzierung des Implantates
✓ Präzise Beurteilung der Ausgangssituation (Prädiagnostik)
✓ Richtige Indikationsstellung
✓ Sorgfältige Aufbereitung des Implantatbettes
✓ Behutsame Extraktion des Zahnes ohne Traumata(Grafik 2)

Allerdings stellt ein dünner Biotyp nicht automatisch ein Ausschlusskriterium dar. Unter gewissen Voraussetzungen sind Weichgewebeersatzmaterialien (z. B. creos mucogain, Nobel Biocare) eine gute Alternative zu autologen Bindegewebetransplantaten. Sofortimplantation Bei diesem Patienten lagen keine systemischen Erkrankungen und keine Kontraindikationen für eine Sofortimplantation vor. Entzündungen sowie Hart- und Weichgewebedefekte wurden nicht diagnostiziert. Die Nachbarzähne waren teilweise mit Komposit restauriert und Zahn 12 mit einer Krone versorgt. Anhand der DVT-Diagnostik erfolgte die Planung der Implantatposition bzw. die Auswahl des Implantatsystems (NobelParallel CC ø 3,75 mm, 15 mm) (Abb. 3). Nach dem Entfernen der Schiene wurde der Zahn 21 atraumatisch extrahiert. Die bukkale Lamelle blieb unversehrt. Bei der chirurgischen Aufbereitung des Implantatbettes wurde behutsam agiert, um ein mechanisches oder thermisches Trauma auszuschließen. Die Platzierung des Implantates orientierte sich an klaren Richtlinien. Zu den Nachbarzähnen wurde ein Abstand von 1,5 mm und zur bukkalen Lamelle von 2,5 mm eingehalten. Das Implantat liegt vertikal einen Millimeter subkrestal und drei bis vier Millimeter unterhalb der SchmelzZementgrenze. Für die horizontale Positionierung diente die Schmelz-Zement-Grenze der Nachbarzähne als Orientierung. Eine Knochenaugmentation war nicht notwendig. Die Situation ließ eine sekundäre Wundheilung erwarten (Abb. 4a-c).
Implantatinsertion
✓ Keine Lappenmobilisation: Reduzieren des Narbenrisikos und Beibehalten der Blutversorgung für die bukkale Lamelle
✓ Pilotbohrung palatinal zur Wurzelspitze und Erweiterungsbohrung mit leicht palatinalem Druck: Erreichen eines möglichst großen Knochenkontaktes
✓ Ausreichende Kühlung während der Insertion: Vermeiden eines thermischen Traumas (Überhitzung) und einer daraus resultierenden Hitzenekrose(Grafik 3)
Das Implantat in regio 21 konnte mit einer Primärstabilität von mehr als 35 Ncm inseriert werden. Damit war eine wichtige Voraussetzung für die Sofortversorgung erfüllt (Grafik 4). Für die temporäre Restauration sollte der extrahierte, im Bereich der Krone unversehrte, Zahn 21 genutzt werden. Mit einem Echtzahnprovisorium kann eine ästhetisch unauffällige Interimslösung gefertigt werden. Zudem gibt die Kontur des Zahnes im zervikal-basalen Bereich die Form des optimalen Emergenzprofils vor.
✓ Leicht nach palatinal versetzte Implantatposition
✓ Primärstabilität von 35 Ncm
✓ Ausreichender Knochenkontakt (4-5mm)(Grafik 4)
Der extrahierte Zahn wurde modifiziert, mit dem provisorischen Aufbau (temporary coping) adhäsiv verklebt und der basale Anteil mit fließfähigem Kunststoff ergänzt sowie für die Etablierung der optimalen Emergenz ausgeformt (Abb. 5a, b). Nach dem Aufschrauben des Aufbaus auf das Implantat und dem Entfernen der statischen und dynamischen Kontakte konnte der Patient aus der Praxis entlassen werden. Das periimplantäre Gewebe war mit dem temporären Ersatz adäquat abgestützt und einem Kollabieren der Gewebe wurde vorgebeugt (Abb. 6-7).
Acht Wochen später zeigte sich eine stabile Situation. Die provisorische Sofortversorgung konnte entfernt und das sauber ausgeformte Emergenzprofil als optimale Grundlage für die definitive Restauration beurteilt werden (Abb. 8, 9). Der Abformpfosten wurde im Bereich der Emergenz mit Komposit aufgefüllt und verschraubt (Abb. 10, 11). Der Überabformung und Modellherstellung schloss sich die Anfertigung des keramischen Abutments an (Abb. 12). Nach dessen Einprobe im Mund erfolgte die Konstruktion der vollkeramischen Implantatkrone. Die finale Eingliederung verlief komplikationslos (Abb. 13).
Zusammenfassung
Der Patient musste während der gesamten Therapie keine Einschränkungen in Kauf nehmen. Unmittelbar nach Extraktion und Implantation konnte das Echtzahnprovisorium zur Abstützung der periimplantären Gewebe sowie als provisorischer Ersatz inkliniert werden. Acht Wochen nach dem Eingriff wurde die finale Restauration eingegliedert.
Fazit
Werden die multiplen Faktoren bei der Prädiagnostik sowie während des chirurgischen Eingriffs beachtet, kann mit der Sofortimplantation ein langzeitstabiles Ergebnis erzielt werden. Bei der Wahl des Implantatsystems spielen Implantatdesign, -länge und -durchmesser eine große Rolle. Konische Implantate ermöglichen eine Knochenkompression und scheinen eine bessere Primärstabilität sowie eine günstigere Belastungsverteilung zu gewähren. Für eine Sofortbelastung ist beispielsweise die Oberflächenmorphologie entscheidend, die das Knochenwachstum anregen und beschleunigen soll [2]. Beispiel ist die TiUnite-Oberfläche (Nobel Biocare), welche die Osteokonduktivität fördert und die Osseointegration beschleunigt [7]. Die Sofortimplantation ersetzt nicht das konventionelle Implantatprotokoll, ist aber eine sinnvolle Ergänzung im implantologischen Alltag.
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Dr. Yasin Aktas, M.Sc.
– 2001-2006 Studium der Zahn-, Mundund Kieferheilkunde an der „Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität“, Bonn
– 2007-2009 Assistenzzeit in einer freien Praxis bei Brühl
– 2009-2014 Angestellter Zahnarzt in der Kaiserbergklinik, Duisburg
– 2015-2016 Zahnärztliche Leitung Kaiserbergklinik
– Seit 2017 Übernahme u. Niederlassung in eigener Praxis im Duisburger Süden
– Promotion in der Oralmed. Technologie der Universität Bonn mit dem Thema: „Numerische und Experimentelle Analyse sofortbelasteter Implantate mit unterschiedlicher Insertionstiefe“
– Master of Science Oralchirurgie/Implantologie
– Abschluss des dreijährigen Studiums an der Donau Universität Krems. Thema der Masterthese: „Feste Zähne an einem Tag. Attraktives Werbeversprechen oder Realität, Techniken, Voraussetzungen und Umsetzung“
– Master in Aesthetics am renommierten Rosenthal Institute an der New York University
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Quelle: pip 01-2019
Autor: Dr. Yasin Aktas,MSc