Freihandimplantation mit X-Guide
26. November 2019
Dynamisch navigierte Implantation
Dr. Robert Stillmann ist seit über zehn Jahren selbstständiger Zahnarzt und einer der ersten Anwender des dynamischen Navigationssystems X-Guide im deutschsprachigen Raum. Das dental journal befragte ihn nach seinen persönlichen Erfahrungen mit dem brandneuen System.
Das Interview führte Oliver Rohkamm
Die dynamisch geführte 3-D-Navigation birgt das Versprechen, ohne Bohrschablone einen sofortigen und präzisen implantatchirurgischen Eingriff mit Sofortversorgung durchführen zu können. X-Guide besitzt eine eigene Implantatplanungssoftware, sodass zwischen dreidimensionaler Röntgendiagnostik, Planung und implantatchirurgischem Eingriff nur wenige Clicks liegen. Robert Stillmann ist eine Ausnahmeerscheinung von seiner Ausbildung her, denn er kennt beide Welten, die der Zahntechnik und die der Zahnmedizin. Er begann 1991 eine Lehre als Zahntechniker in Salzburg. Nach Abschluss der Lehre und Absolvierung des Bundesheers, arbeitete er zunächst als Zahntechniker und holte parallel dazu die Matura nach. Sein Ziel: Das Studium der Zahnmedizin, welches er 2005 abschließen konnte.
X-Guide Schnuppertage mit Dr. Rasim Cankay und Markus Steubesand
Lernen Sie X-Guide kennen!Mittwoch, 18. März 2020
Freitag, 18. September 2020
Mittwoch, 18. November 2020 in Köln
jeweils 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr:
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Dja: Sie haben sich relativ früh für die Implantologie interessiert. Warum?
Ich hatte mich von Anfang an für die Chirurgie begeistert und so habe ich neben dem Studium von NobelBiocare angebotene Zusatzfortbildungen zu diesem Thema besucht, die wir als Studenten relativ günstig absolvieren konnten. Es wurde damals bereits unter Prof. Georg Watzek mit Nobel Biocare auf der Uni implantiert und das System und die Arbeitsweise hatten mir sehr gut gefallen. Daher habe ich dann auch das System in meine Praxis übernommen. Ab 2009 habe ich mich dann zusätzlich mit NobelGuide und der navigierten Implantation beschäftigt.
Dja: Wenn man sich in Ihrer Praxis umsieht, merkt man, dass Sie voll auf den digitalen Workflow setzen.
Nicht ganz (lacht). Es fehlt mir noch der Intraoralscanner, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Für mich ist der Scanner lediglich eine Frage des Komforts und keine der Qualität. Das X-Guide System erschien mir wichtiger. Aber spätestens 2020 wird es soweit sein. Zur Zeit setzen wir von 3Shape einen InLab Scanner ein, sowie für das Röntgen ein 3D DVT von KaVo. In unserem Praxislabor steht dann noch eine Trockenfräsmaschine von Dentsply, mit der wir Zirkonoxid, Wachs und PMMA fräsen. Metall können wir zwar nicht fräsen, aber das ist auch nicht notwendig, da ich heutzutage keine Indikation mehr für Metallkeramik sehe – dank Zirkonoxid und e.max. Ich setze aus ästhetischen Gründen auf Vollkeramik mit hervorragenden Ergebnissen. Natürlich ist das nicht für jeden interessant. Metallkeramik verzeiht mehr Fehler und erfordert ein anderes Arbeiten, daher will nicht jeder den Umstieg machen. Lithium-Disilikat ist ein unglaublicher Werkstoff und gerade als Presskeramik erziele ich damit hochästhetische und langlebige Ergebnisse.
„Heutzutage sehe ich keine Indikation mehr für Metallkeramik“
Dja: Zurück zum digitalen Workflow. Was war Ihr Eindruck als Sie das X-Guide zum ersten Mal auf der EAO in Wien gesehen haben? Inwieweit änderte das Gerät Ihre Arbeitsweise?
Als ich noch Student war so um 2003 herum, habe ich, während meines Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie Praktikums am AKH bei Prof. Rolf Ewers gesehen, dass er ein Winkelstück mit angebrachten Sensoren hatte um die Position zu übertragen. Das hat mich damals schon fasziniert. 15 Jahre später war ich natürlich von einem serienreifen Gerät und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten absolut begeistert. Bis dato hatte ich sowohl freihändig, als auch mit NobelGuide implantiert. Eine statische Schablone verwende ich bei wenig Knochen, wenn ich noch etwas präziser sein möchte als mit Freihand, um den Knochen auf den Millimeter genau ausreizen zu können. Mit einer Schablone ist es auch angenehmer bei älteren Patienten – die vielleicht auch Blutverdünner nehmen – zu arbeiten, da der Eingriff selbst kürzer dauert und unblutiger ist. Bei Grenzfällen gehe ich grundsätzlich auf die navigierte Implantation zurück. Wo ein Millimeter daneben fatal sein könnte, gibt die statisch navigierte Implantation in Form einer Schablone zusätzliche Sicherheit. In allen anderen Fällen arbeite ich Freihand. Und da kommt jetzt die dynamisch navigierte Implantation in Form des X-Guide ins Spiel. Hier kann ich Freihand, maximale Präzision, sowie Vorhersehbarkeit miteinander verbinden und spare damit auch noch Zeit. Das kommt meiner Arbeitsweise sehr entgegen.
Dja: Wie schaut das konkret aus?
Zwei enorme Vorteile bietet mir das X-Guide zusätzlich zu meiner bisherigen Arbeitsweise. Bei einer Schablone plane ich vorab virtuell am Computer und lasse dann die Schablone anfertigen. Aber während der Implantation selbst arbeite ich quasi blind. Ich muss auf die Schablone und deren korrekter Positionierung vertrauen. Im ungünstigen Fall der Fälle, wenn sich die Schablone bewegen sollte, dann sitzt das Implantat nicht perfekt. Beim X-Guide kann ich während des Arbeitens Abweichungen in Echtzeit erkennen und entsprechend sofort korrigieren, falls nötig. Der zweite Vorteil ist der Faktor Zeit. Auf eine angefertigte Schablone warte ich ungefähr eine Woche, aber mit X-Guide kann ich ohne Verzögerung am gleichen Tag behandeln, den nicht erhaltungswürdigen Zahn ziehen und dynamisch navigiert sofort implantieren.
Dja: Gibt es Fälle, wo Sie es nicht einsetzen würden?
Für Leerkiefer beim Setzen von mehreren Implantaten setze ich es nicht ein, da bevorzuge ich noch die Schablone. Der Grund: Ich bin dann gegenüber dem X-Guide noch etwas schneller. Funktionieren tut es – unter gewissen Voraussetzungen – natürlich aber auch da.
Das X-Guide hat sich in kürzester Zeit im Alltag bewährt.
Gerne kommt Dr. Stillmann auch in andere Praxen und hilft bei komplizierten chirurgischen Fällen.
Dja: Ist das Gerät auch eine Alternative für Kollegen, die noch wenig Erfahrung mit der Implantation haben und vor komplizierten Situationen zurückschrecken?
Nein, im Gegenteil. Man muss zunächst freihändig implantieren können. Das ist die Grundvoraussetzung. Man macht ja auch zuerst den Führerschein, bevor man in einen Sportwagen einsteigt. Solange man nicht eine gewisse Zahl an Implantaten zuvor freihändig gesetzt hat, ist es nicht empfehlenswert mit so einem System zu arbeiten. Man fängt wie überall mit leichten Fällen an, gewinnt an Sicherheit und arbeitet sich dann an schwierigere Fälle heran. Man darf ja nicht vergessen, dass jede Form von Technik auch ausfallen kann und dann muss man trotzdem die Behandlung sicher zu Ende bringen können. Im Idealfall ohne dass der Patient etwas davon mitbekommt. Schlussendlich implantiert noch der Arzt und nicht die Schablone oder das Gerät. Nicht jeder muss ja implantieren, es kann durchaus Sinn machen sich nur auf die Implantatprothetik zu konzentrieren und das korrekte Setzen des Implantats zu delegieren. Was ich leider immer wieder sehe, ist, dass Patienten wegen einer Zweitmeinung zu mir kommen, die ein Implantat möchten, aber von ihrem Zahnarzt gesagt bekommen, dass es nicht geht. Es ist meiner Meinung nach Körperverletzung zwei gesunde Zähne zu beschleifen, um kein Implantat setzen zu müssen, nur weil man damit zu wenig Erfahrung hat. Noch dazu ist ein Einzelzahnimplantat inkl. Implantatkrone in den meisten Fällen günstiger als eine dreistellige Brücke. Somit würde der Patient auch finanziell schlechter aussteigen.
„Wenn sich Kollegen nicht trauen zu implantieren, dann ist das X-Guide keine Alternative. Man muss zuvor sicher freihändig implantieren können.“
Dja: Würden Sie sagen, dass Sie sich mit Ihrer Erfahrung durch X-Guide an schwierigere Fälle herantrauen?
Natürlich, das schon. Ich möchte generell jede mögliche technische Unterstützung nützen, um meine Behandlungsergebnisse zu verbessern und um den Patienten einen Komfortgewinn zu verschaffen – bei gleichzeitigem Sicherheitsgewinn.
Dja: Das heißt, die Patienten sprechen Sie auf das System an? Wie sind da die Reaktionen?
Sehr positiv. Im Aufklärungsgespräch erkläre ich alle Optionen, die wir haben. Es kommt sogar vor, dass Patienten, wo ich problemlos ohne technische Unterstützung implantieren könnte, auf den Einsatz der dynamischen Navigation bestehen und den Mehrpreis in Kauf nehmen. Die Patienten sehen und schätzen den technischen Aufwand auch.
Dja: Sie meinten vorhin, dass nicht jeder implantieren möchte. Würden Sie solche Fälle übernehmen?
Natürlich. Es ist sogar so, dass ich mit meiner Assistentin zu anderen Zahnärzten als Spezialist in deren Praxis komme, um die Implantationen durchzuführen. So ist gewährleistet, dass die Beziehung zwischen Zahnarzt und Patient gestärkt wird, weil der Patient sieht, dass hier ein zweiter Spezialist extra für seinen Fall hinzugezogen wird. Er muss dann nur noch die Implantatprothetik mit seinem Techniker umsetzen und hat dennoch einen guten Teil des Deckungsbeitrags im Haus behalten, während der Patient die optimale Versorgung erhalten hat.
Dja: Wären Sie auch bereit, interessierten Kollegen das X-Guide zu zeigen und Ihre Arbeitsweise zu erklären?
Natürlich. Nobel Biocare organisiert Hospitationen diesbezüglich in meiner Praxis, wo Life-Operationen mit X-Guide durchgeführt werden. Interessierte Kollegen können sich gerne auf der Homepage anmelden oder direkt bei mir melden
Quelle: dental journal austria Ausgabe 0419, Seite 22ff