Es kommt auf den Hersteller an – Im Gespräch mit Prof. J. Robert Kelly: Neue Studie über Zirkonoxid-Abutments.
19. Januar 2018
„Wenn es um Keramik-Abutments geht, kommt es auf den Hersteller an.“ Diese Aussage stammt von Prof. J. Robert Kelly und basiert auf den Ergebnissen einer aktuellen Studie [1]. Denn nicht alle Implantatversorgungen sind gleich. Dies bestätigt die neue Studie des Materialforschers. Kellys Studie bestätigt auch die Ergebnisse der Untersuchungen zur Festigkeit der NobelProcera Zirkonoxid-Abutments, die Nobel Biocare durchgeführt hat. Nachfolgend diskutiert Prof. Kelly mit uns seine Arbeit, die im „International Journal of Oral and Maxillofacial Implants“ veröffentlicht wurde.

Prof. J. Robert Kelly (Abb. 1) und seine Kollegen an der University of Connecticut erforschten das Ermüdungsverhalten von CAD/CAM-gestützt gefertigten Keramikabutments als Funktion von Design und Keramikverarbeitung. Ihre bemerkenswerten Ergebnisse zum Leistungsverhalten bestätigen den Ansatz von Nobel Biocare, für Implantate auf Knochenniveau ausschließlich Zirkonoxid-Abutments mit Titaneinsatz zu fertigen. Im nachfolgenden Interview geht Prof. Kelly auf den Untersuchungsansatz und die bemerkenswerten Ergebnisse ein.
Ihre Untersuchung befasste sich mit dem Ermüdungsverhalten der Zirkonoxid-Implantatabutments von vier großen Herstellern. Was veranlasste Sie, diesen Ansatz zu wählen?
Prof. J. Robert Kelly: Wir wollten handelsübliche Produkte untersuchen. Dabei ging es uns nicht darum, kommerzielle Vergleiche anzustellen, sondern darum, uns mit Produkten aus der realen Welt zu befassen. Unser Interesse galt möglichen Fertigungsproblemen und Designmängeln, weshalb es für uns sinnvoll war festzustellen, was mit auf dem Markt befindlichen Produkten geschehen würde. Als Referenz wählten wir die Straumann-Implantate auf Knochenniveau (BL-Implantate). Unser Forschungsvorhaben wurde von der ITI Foundation gefördert. Unsere Suche nach Dritthersteller-Vergleichsabutments für die BL-Implantate führte uns zu den Abutments von NobelProcera und Glidewell – wobei diese beiden Hersteller für BL-Implantate nur Zirkonoxid-Hybridabutments anbieten, bei denen der Übergang zum Implantat von einer Titanbasis gebildet wird – sowie den verfügbaren Vollzirkonoxid-Abutments von Astra und Straumann.
Mit welchen Methoden testeten Sie diese Produkte?
Kelly: Um eine Testmethode zu erarbeiten, nahmen wir sechs der Abutments aus jeder der vier Gruppen und testeten sie wiederholt mit einer Belastung von 200 N. Wir wählten für die beschleunigte Alterung den Belastungswert „200 N“, da dieser auf unseren bisherigen Arbeiten basierte. Wir wollten nicht, dass die Implantate brechen, und hielten 200 N für einen fairen Ausgangswert. Die Ergebnisse sollten es uns ermöglichen, die Rahmenbedingungen für die Phase 2 festzulegen, also konkret die Belastungswerte für die Tests mit weiteren zwölf Implantaten.
Als uns jedoch die vollständigen Daten aus Phase 1 vorlagen, waren wir – gelinde gesagt – erstaunt. Hinsichtlich jeder der Kategorien lagen eindeutig signifikante Unterschiede zwischen den Herstellern vor. Dies wurde in den nachfolgenden ausführlichen Tests der gesamten Stichprobe bestätigt.
Das NobelProcera Produkt zeigte in dieser Studie herausragende Leistung – kann man das so sagen?

Kelly: Ja, unbedingt. Während wir bei manchen der anderen Abutments die Belastung reduzieren mussten, zeigte sich das NobelProcera Produkt unbeeindruckt (keine Frakturen nach 25 Millionen Zyklen), sodass wir die Belastung mehr und mehr steigern mussten (Abb. 2).
Wie erklären Sie sich die Schwäche der anderen Abutments?
Kelly: Da sich die Makrodesigns der verschiedenen Hersteller nur geringfügig unterscheiden, kamen die gewaltigen Unterschiede für uns überraschend. Um herauszufinden, warum wir zu derartig unterschiedlichen Ergebnissen gelangten, bat ich meine Kollegin Dr. Isabelle Denry, REM*-Analysen durchzuführen. Bei der Untersuchung eines der Abutments, das in der Studie am schlechtesten abgeschnitten hatte, stellte sie fest, dass die Schwäche aus Schäden resultierte, deren Ursachen im Fertigungsprozess zu suchen sind. Es zeigten sich Schleifschäden unterhalb der Oberfläche, große Risse, inhomogene Kristalle und eine diffuse Porositätsschicht. Es ist nicht zu übersehen, dass es auf den Hersteller ankommt.
Es liegen viele Berichte über Probleme bei der Verwendung von Drittanbieter-Abutments mit Systemen vor, für die sie nicht ausgelegt waren. Da es auf den Hersteller ankommt: Plädieren Sie dafür, ausschließlich authentische Komponenten einzusetzen?
Kelly: Im Allgemeinen rate ich von der Verwendung kostengünstigerer Drittanbieter-Abutments ab. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Nach dem, was ich im Lauf der Jahre gesehen habe, sind die Materialien von minderer Qualität, und berücksichtigt man den hohen Wert des Ergebnisses, die hohen Erwartungen, die der Patient an seinen Behandler stellt, stellt sich doch die Frage, warum man – nur um 100 Euro zu sparen – ein derartiges Risiko eingehen sollte?
Wie interpretieren Sie die Ergebnisse Ihrer Studie hinsichtlich der NobelProcera Drittanbieter-Abutments für Straumann-Implantate auf Knochenniveau?
Kelly: Nobel Biocare ist ein Qualitätshersteller. Das Unternehmen fertigt Komponenten, die für das BL-Implantatsystem entworfen, getestet und anschließend verifiziert wurden.
Sehr geehrter Herr Prof. Kelly, vielen Dank für das aufschlussreiche Interview.
LITERATUR
[1] Kelly JR, Rungruanganunt P. Fatigue Behavior of Computer-Aided Design/Computer-Assisted Manufacture Ceramic Abutments as a Function of Design and Ceramics Processing. Int J Oral Maxillofac Implants. 2016;31(3):601-9.
INFO
* Rasterelektronenmikroskopische
Quelle: dental dialogue, 09/2017, teamwork media GmbH